Unterricht

Der Unterricht soll nicht mit Gesetzen überfrachtet sein.
Der Unterricht soll nicht mit Gesetzen überfrachtet sein.
(Letzte Aktualisierung: 13.06.2024)

Kernthema des Schulrechts ist natürlich der Unterricht. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung von Wissen, sondern auch um Fragen, die den weiteren Lebensweg der Schüler maßgeblich beeinflussen können: Die Benotung, die Versetzung in die nächste Jahrgangsstufe und möglicherweise auch Ordnungsmaßnahmen bis hin zum Schulverweis.

Weil nicht der gesamte Schulbetrieb ständig unter dem Vorbehalt gerichtlicher Entscheidungen stehen soll, sind bestimmte Fragen der Anfechtung und Nachprüfung entweder entzogen oder es besteht ein weiter pädagogischer Spielraum, in den sich die Gerichte nicht einmischen wollen.

Trotzdem gelten auch hier natürlich Recht und Gesetz. Die Schule ist keine Institution mit reiner Über- und Unterordnung (mehr), in der Lehrer und Schulleitung den Ton angeben und nicht hinterfragt oder kritisiert werden dürfen.

Unterrichtsorganisation

Darf der Sportunterricht nur aus Theorie bestehen?

In den letzten Jahren hört man immer wieder von Fällen, in denen Lehrer – vor allem in mittleren Jahrgangsstufen – den Sportunterricht weitgehend theoretisch gestalten. Statt in der Turnhalle oder auf der Tartanbahn finden die Stunden dann im Klassenzimmer statt, was vielen Eltern nicht ganz recht ist. Aber ist das überhaupt zulässig?

Mehr dazu finden Sie in meinem Beitag „Sportunterricht nur noch theoretisch“ auf anwalt.de.

Welche Mitsprache haben die Eltern bzgl. der „Familien- und Sexualerziehung“?

Ja. Art. 48 Abs. 3 BayEUG besagt:

Ziel, Inhalt und Form der Familien- und Sexualerziehung sind den Erziehungsberechtigten rechtzeitig mitzuteilen und mit ihnen zu besprechen.

Dies entspricht den Anforderungen, die verschiedene Gerichte bereits verlangt haben, z.B. VG Münster, Az. 1 K 1752/13.

Können sich Schüler aus religiösen Gründen vom Schwimmunterricht befreien lassen?

In aller Regel nicht, die Rechtsprechung dazu ist aber noch nicht ganz gefestigt.

Häufig traten Probleme auf, dass insbesondere die Eltern von muslimischen Schülerinnen deren Teilnahme am Schwimmunterricht ablehnten. Die Gerichte haben hier jedoch dem Bldungsauftrag des Staates den Vorrang vor weltanschaulichen Positionen eingeräumt. Wie sich dies weiter entwickeln wird und inwiefern es im Einzelfall einvernehmliche Lösungen mit der Lehrkraft bzw. der Schule geben kann, ist aber noch nicht abschließend zu beurteilen.

Ist die Schule an der Erziehung der Kinder beteiligt?

Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass es eine gemeinsamen Erziehungsauftrag von Eltern und Schule gibt. Die Rollen beider sind dabei gleichgestellt.

Dies ist insofern etwas problematisch als der Staat damit eine Erziehungsaufgabe zugewiesen bekommt, die ihm eigentlich nicht zusteht und die sich aus dem Grundgesetz eigentlich auch nicht ergibt – hier ist nur die Rede davon, dass der Staat über die Erziehung durch die Eltern „wacht“ (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG).

Gibt es schneefrei?

Ja.

Bei ungünstigen Witterungsbedingungen kann für eine bestimmte Region (Gemeinde, Landkreis, ggf. sogar Bezirk) schulfrei gegeben werden. Dies wird dann über die Medien entsprechend mitgeteilt.

Schneefrei gibt es übrigens nur für die Schüler – die Lehrer müssen trotzdem in die Arbeit kommen, um ggf. eintreffende Schüler beaufsichtigen zu können.

Gibt es einen Anspruch auf hitzefrei?

Nein, grundsätzlich nicht.

Der jeweilige Schulleiter muss vielmehr darüber entscheiden, ob angesichts der Temperaturen und der Klimatisierung der Schule „hitzefrei“ in Frage kommt.

Es gibt aber weder eine feste, in Grad Celsius ausdrückbare Temperatur, ab der hitzefrei gegeben werden darf oder muss.

Wann ist eine Unterrichtsbefreiung möglich?

Die Befreiung von Unterricht ist in Ausnahmefällen möglich, insbesondere zu Familienfeiern (Arztbesuch, Beerdigung, Goldene Hochzeit). Dafür ist vorher ein Antrag an die Schule zu stellen, der vom Schulleiter unter Berücksichtigung aller Faktoren entschieden wird.

Dürfen Schüler im Unterricht trinken?

Das entscheidet der Lehrer, da dieser für die Gestaltung des Unterrichts verantwortlich ist. Das Kultusministerium betont jedoch, dass Flüssigkeitsaufnahme für die Konzentration und Leistung von Bedeutung ist. Insofern sollte dies normalerweise erlaubt werden.

Soweit aus medizinischen Gründen ein regelmäßiges Trinken notwendig sein, dürfte es keine Möglichkeit geben, dies zu untersagen.

Ordnungsmaßnahmen

Was sind Erziehungsmaßnahmen, Ordnungsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen?

Verstoßen Schüler gegen schulische Pflichten, stellt sich für Lehrer die Frage, wie dies zu ahnden ist. Das bayerische Schulrecht unterscheidet dafür zwischen Erziehungsmaßnahmen, Ordnungsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen.

Was hierunter jeweils zu verstehen ist und welche Voraussetzungen bestehen, erklärt Rechtsanwalt Thomas Hummel in seinem neuen Artikel zum Schulrecht auf anwalt.de.

Wie aggressiv soll ich bei ungerechten Sanktionen vorgehen?

Wenn eine schulische Strafe als ungerecht empfunden wird, stellt sich die Frage, wie man reagieren soll. Man will das meist weder einfach so hinnehmen noch einen „Kleinkrieg“ mit der Schule anzetteln.

Meine Erfahrung aus vielen, vielen Mandaten im bayerischen Schulrecht ist, dass meist ein Mittelweg gut ist: Man zeigt der Schule, dass man ungerechte Sanktionen nicht auf sich beruhen lässt und sich auch auf die Hinterfüße stellt. Dies kann auch mit anwaltlicher Hilfe geschehen.

Gleichzeitig macht man aber deutlich, dass man kein Prinzipienreiter ist und auch bereit ist, mit etwas abzuschließen. Häufig werden die Lehrer dann durchaus vorsichtiger, behandeln das Kind aber nicht als Paria.

Und bevor man irgendetwas macht: Mit dem Kind reden, was wirklich war. Insbesondere, ob das der erste Vorfall in die Richtung war. Nichts ist peinlicher als wenn man dann zurückrudern muss, weil das Kind ein bisschen selektiv erzählt hat.

Benotung

Dürfen Hausaufgaben benotet werden?

Grundsätzlich nicht.

Hausaufgaben werden – wie der Name sagt – zu Hause geschrieben. Eine Kontrolle dahingehend, ob sie allein und selbstständig angefertigt wurden, ist nicht möglich. Daher ist eine Benotung als Prüfungsaufgabe nicht zulässig. Der Zweck ist nicht die Leistungsfeststellung, sondern die Einübung des Unterrichtsstoffs.

Eine Ausnahme besteht für zu Hause angefertigte Aufgaben, die ausdrücklich als Leistungskontrollen vorgesehen sind. Das sind insbesondere Seminararbeiten (u.a. § 24 der Gymnasialschulordnung).

Wann muss eine Schulaufgabe wiederholt werden?

Häufig wird bei schlecht ausgefallenen Schulaufgaben der Ruf nach einer Wiederholung laut. Es gibt allerdings keine feste Regel, dass z.B. eine Schulaufgabe nicht gewertet werden darf, wenn der Klassenschnitt schlechter als ausreichend ist.

Ein Wiederholungsgrund liegt nur vor, „wenn die Anforderungen für die Jahrgangsstufe nicht angemessen waren oder der Lehrstoff nicht genügend vorbereitet war“ (§ 23 Abs. 7 der Gymnasialschulordnung). Ein außergewöhnlich schlechtes Ergebnis ist hierfür allenfalls ein Indiz.

Abitur anfechten

Wenn Sie mit Ihrer Abiturnote bzw. der Ihres Kindes nicht einverstanden sind, kann die Bewertung angefochten werden. Hierzu habe ich einen Fachartikel für anwalt.de geschrieben:

Abiturnote in Bayern anfechten – so geht man vor

Punktehürden im Abitur: Wie wird gerundet?

Für sehr viel Unsicherheit sorgen immer wieder die Punktehürden im Abitur in Bayern. Hierzu werde ich noch einmal einen separaten Artikel veröffentlichen. Hier daher nur eine ganz kurze Zusammenfassung. Man braucht:

  • 100 Punkte aus den Prüfungsfächern
  • 4 Punkte in jedem Fach
  • 16 Punkte in einem Kernfach (Deutsch, Mathematik, Fremdsprache)
  • 20 Punkte in drei Fächern, darunter einem weiteren Kernfach

Ein „Punkt“ in diesem Sinne ist dabei nicht der normale Punkt auf der Oberstufen-Notenskala von 0 bis 15, sondern ein Punkt in vierfacher Wertung. Das Ergebnis der Abiturprüfung wird also mit der Zahl 4 multipliziert.

Nun ist es aber so, dass man ggf. die Note aus schriftlicher und mündlicher Prüfung zunächst eine Durchschnittsnote bilden muss, und zwar im Verhältnis 2:1. Die Punktsumme aus doppelter schriftlicher Note und einfacher mündlicher Note muss also zuerst durch drei geteilt werden, das Ergebnis wird dann aber wieder vervierfacht.

Mit anderen Worten: Es ergeben sich fast zwangsläufig Punktebruchteile mit Zahlen „hinter dem Komma“. Bei der Frage, ob eine Punktehürde erreicht wurde oder nicht, kann dies aber eine Rolle spielen.

Fangen wir ganz am Anfang an. § 52 Abs. 1 Satz 3 der gymnasialen Schulordnung in Verbindung mit Anlage 12 sieht folgende Formel vor:

Punktzahl = (2 x schriftlich + 1 x mündlich) / 3 x 4

Das ist das, was ich oben bereits ausgeführt habe.

Dieses Ergebnis wird dann auf eine ganze Zahl gerundet und diese fließt in das Abitur ein.

Beispiel 1:

4 Punkte schriftlich, 6 Punkte mündlich

Punktzahl = (2 x 4 + 1 x 6) / 3 x 4 = 14 / 3 x 4 = 4,67 x 4 = 18,67 = 19 Punkte

Damit hat der Schüler die 16-Punkte-Hürde mit diesem Fach ohne Zweifel geschafft.

Die 20-Punkte-Hürde hat er aber nicht geschafft.

Kann dieses Ergebnis denn stimmen?

Wie wir oben sehen, kommt der Schüler ja auf einen rechnerischen Punktwert von 4,67 Punkten bei einfacher Wertung. 4,67 Punkte würde man (bspw. in einer Halbjahresleistung) auf 5 Punkte aufrunden und 5 Punkte sind die Note 4,0, also bestanden. Wie kann es dann sein, dass bei vierfacher Wertung nicht 20 Punkte herauskommen, sondern nur 19?

Das liegt daran, dass der Rechenschritt „4,67 Punkte sind gerundet 5 Punkte“ hier nicht zulässig ist. Es erfolgt keine Rundung der Punktzahl in der einfachen Wertung, sondern erst in der vierfachen Wertung. Und die Tatsache, dass in der einfachen Wertung 0,33 Punkte zu 5 Punkten fehlen, führt bei der Vervierfachung dazu, dass auf einmal ein ganzer Punkt fehlt.

Dieser Runddungsmechanismus wirkt sich auch bei der so gefürchteten „Nullpunktehürde“ (die eigentlich eine 1-Punkt-Hürde oder, bei vierfacher Wertung, eine 4-Punkte-Hürde ist) aus. Man darf in keinem Abiturprüfungsfach weniger als einen Punkt haben. Und dabei gibt es eine kolportierte Faustregel, es dürfe nicht auf einen Punkt aufgerundet werden. Diese Regel findet sich in der GSO aber (von § 29 Abs. 1 Satz 4 und § 62 Abs. 1 Satz 3, die aber jeweils andere Konstellationen betreffen) nicht.

Dass dieses Aufrundungsverbot aber trotzdem richtig ist, ergibt sich aus den obigen Betrachtungen.

Beispiel 2:

0 Punkte schriftlich, 2 Punkte mündlich

Punktzahl = (2 x 0 + 1 x 2) / 3 x 4 = 2 / 3 x 4 = 0,67 x 4 = 2,67 = 3 Punkte

Der Schüler hat also bei einfacher Wertung (ungerundet) weniger als einen Punkt und zugleich bei vierfacher Wertung (gerundet) weniger als vier, nämlich drei Punkte. Damit schlägt die Hürde zu, das Abitur ist nicht bestanden. Ein Aufrundungsverbot braucht es hier nicht, denn 2,67 Punkte sind – sogar, wenn man sie aufrundet – einfach keine 4 Punkte.

Beispiel 3:

0 Punkte schriftlich, 3 Punkte mündlich

Punktzahl = (2 x 0 + 1 x 3) / 3 x 4 = 3 / 3 x 4 = 1,00 x 4 = 4,00 = 4 Punkte

Nun hat der Schüler aber eine etwas bessere Leistung abgeliefert und drei Punkte in der mündlichen Prüfung geholt. Damit hat er bei einfacher Wertung 1,00 Punkte erzielt, was unzweifelhaft auch gerundet einen Punkt ergibt. Nach Multiplikation haben wir 4,00 und damit 4 Punkte. Das reicht, auch ohne Rundung.

Und aus diesem Grund ist ein solches Aufrundungsverbot eben völlig irrelevant: Entweder man hat weniger als drei Punkte oder mindestens genau vier Punkte. Dazwischen gibt es – weil die Einzelnoten nur als ganze Punkte vergeben werden – nichts und darum kommt man auch nicht in die Verlegenheit, auf vier Punkte aufrunden zu wollen.