Für sehr viel Unsicherheit sorgen immer wieder die Punktehürden im Abitur in Bayern. Hierzu werde ich noch einmal einen separaten Artikel veröffentlichen. Hier daher nur eine ganz kurze Zusammenfassung. Man braucht:
- 100 Punkte aus den Prüfungsfächern
- 4 Punkte in jedem Fach
- 16 Punkte in einem Kernfach (Deutsch, Mathematik, Fremdsprache)
- 20 Punkte in drei Fächern, darunter einem weiteren Kernfach
Ein „Punkt“ in diesem Sinne ist dabei nicht der normale Punkt auf der Oberstufen-Notenskala von 0 bis 15, sondern ein Punkt in vierfacher Wertung. Das Ergebnis der Abiturprüfung wird also mit der Zahl 4 multipliziert.
Nun ist es aber so, dass man ggf. die Note aus schriftlicher und mündlicher Prüfung zunächst eine Durchschnittsnote bilden muss, und zwar im Verhältnis 2:1. Die Punktsumme aus doppelter schriftlicher Note und einfacher mündlicher Note muss also zuerst durch drei geteilt werden, das Ergebnis wird dann aber wieder vervierfacht.
Mit anderen Worten: Es ergeben sich fast zwangsläufig Punktebruchteile mit Zahlen „hinter dem Komma“. Bei der Frage, ob eine Punktehürde erreicht wurde oder nicht, kann dies aber eine Rolle spielen.
Fangen wir ganz am Anfang an. § 52 Abs. 1 Satz 3 der gymnasialen Schulordnung in Verbindung mit Anlage 12 sieht folgende Formel vor:
Punktzahl = (2 x schriftlich + 1 x mündlich) / 3 x 4
Das ist das, was ich oben bereits ausgeführt habe.
Dieses Ergebnis wird dann auf eine ganze Zahl gerundet und diese fließt in das Abitur ein.
Beispiel 1:
4 Punkte schriftlich, 6 Punkte mündlich
Punktzahl = (2 x 4 + 1 x 6) / 3 x 4 = 14 / 3 x 4 = 4,67 x 4 = 18,67 = 19 Punkte
Damit hat der Schüler die 16-Punkte-Hürde mit diesem Fach ohne Zweifel geschafft.
Die 20-Punkte-Hürde hat er aber nicht geschafft.
Kann dieses Ergebnis denn stimmen?
Wie wir oben sehen, kommt der Schüler ja auf einen rechnerischen Punktwert von 4,67 Punkten bei einfacher Wertung. 4,67 Punkte würde man (bspw. in einer Halbjahresleistung) auf 5 Punkte aufrunden und 5 Punkte sind die Note 4,0, also bestanden. Wie kann es dann sein, dass bei vierfacher Wertung nicht 20 Punkte herauskommen, sondern nur 19?
Das liegt daran, dass der Rechenschritt „4,67 Punkte sind gerundet 5 Punkte“ hier nicht zulässig ist. Es erfolgt keine Rundung der Punktzahl in der einfachen Wertung, sondern erst in der vierfachen Wertung. Und die Tatsache, dass in der einfachen Wertung 0,33 Punkte zu 5 Punkten fehlen, führt bei der Vervierfachung dazu, dass auf einmal ein ganzer Punkt fehlt.
Dieser Runddungsmechanismus wirkt sich auch bei der so gefürchteten „Nullpunktehürde“ (die eigentlich eine 1-Punkt-Hürde oder, bei vierfacher Wertung, eine 4-Punkte-Hürde ist) aus. Man darf in keinem Abiturprüfungsfach weniger als einen Punkt haben. Und dabei gibt es eine kolportierte Faustregel, es dürfe nicht auf einen Punkt aufgerundet werden. Diese Regel findet sich in der GSO aber (von § 29 Abs. 1 Satz 4 und § 62 Abs. 1 Satz 3, die aber jeweils andere Konstellationen betreffen) nicht.
Dass dieses Aufrundungsverbot aber trotzdem richtig ist, ergibt sich aus den obigen Betrachtungen.
Beispiel 2:
0 Punkte schriftlich, 2 Punkte mündlich
Punktzahl = (2 x 0 + 1 x 2) / 3 x 4 = 2 / 3 x 4 = 0,67 x 4 = 2,67 = 3 Punkte
Der Schüler hat also bei einfacher Wertung (ungerundet) weniger als einen Punkt und zugleich bei vierfacher Wertung (gerundet) weniger als vier, nämlich drei Punkte. Damit schlägt die Hürde zu, das Abitur ist nicht bestanden. Ein Aufrundungsverbot braucht es hier nicht, denn 2,67 Punkte sind – sogar, wenn man sie aufrundet – einfach keine 4 Punkte.
Beispiel 3:
0 Punkte schriftlich, 3 Punkte mündlich
Punktzahl = (2 x 0 + 1 x 3) / 3 x 4 = 3 / 3 x 4 = 1,00 x 4 = 4,00 = 4 Punkte
Nun hat der Schüler aber eine etwas bessere Leistung abgeliefert und drei Punkte in der mündlichen Prüfung geholt. Damit hat er bei einfacher Wertung 1,00 Punkte erzielt, was unzweifelhaft auch gerundet einen Punkt ergibt. Nach Multiplikation haben wir 4,00 und damit 4 Punkte. Das reicht, auch ohne Rundung.
Und aus diesem Grund ist ein solches Aufrundungsverbot eben völlig irrelevant: Entweder man hat weniger als drei Punkte oder mindestens genau vier Punkte. Dazwischen gibt es – weil die Einzelnoten nur als ganze Punkte vergeben werden – nichts und darum kommt man auch nicht in die Verlegenheit, auf vier Punkte aufrunden zu wollen.